Donnerstag, 11. Oktober 2007
Textilmuseum-ASUR
auszucker, 05:06h
oder die Wiederentdeckung der indigenen Kreativität
Am allerliebsten würde ich jetzt einen 30-seitigen Vortrag halten, aber mir und Euch spare ich diesen
enthusiastischen Textschwall und empfehle dieses Museum allen die nach Sucre kommen, wenn schon nicht unseretwegen, lohnt sich der Besuch allein des Museums wegen. Also Flugtickets kaufen.
Die Webarbeiten sind etwa einen halben Meter hoch. An einem solchen Stück arbeitet eine Frau (dieses sind typisch weibliche Werke) etwas über zwei Monate. Jedes Stück ist ein Einzelstück, da beim Weben alte tradierte und neue Figuren improvisatorisch ineinander verwebt werden.
Die gesamte Fläche wird mit ornamentalen Figuren ausgefüllt.
Die ersten drei (rot-schwarz) Webarbeiten sind aus der Gegend 20 bis 100 Kilometer im nordwestlichem Umkreis Sucres entstanden. Sie werden ursprünglich und noch heute auf den von Frauen getragenen Aqsu (einen Überrock) genäht, existieren heute aber auch gerade wegen ihrer kunsthandwerklichen Schönheit aus diesem Zusammenhang genommen alleine als Wandbehang.
Den Inhalt bilden mystisch-mytische Tierwesen in einer zwielichtigen Unterwelt voller Dämonen und fast immer ohne Menschen und einen Bezug auf die reale Welt.
Es sind meist Zwitterwesen aus zwei oder mehr Arten, die, auch wie z.B. im dritten Bild unten rechts das Dromedarwesen, gleichzeitig schwanger sein können mit verschiedenen andersartigen Wesen. Sehr häufig ist der vier- bis fünfflügelige Condor.
Mehrere Beine, Arme, Augen, Münder sind keine Seltenheit.
Die Arbeiten aus Tarabuco heben sich klar von den Arbeiten aus der Jalq'a- Region (oben) ab.
Auch hier ist die ursprüngliche Nutzung auf dem Aqsu der Frauen, jedoch sind die thematischen Inhalte, so wie der graphische Aufbau sehr unterschiedlich.
Hier tragen tarabucenische Frauen ihren Aqsu.
Und dieses Stück habe ich letzten Sonntag gekauft.
Tarabuco liegt wie andere Dörfer mit der selben Tradition im Südosten von Sucre, etwa 20 bis 80 Kilometer entfernt.
Die Webbilder der Tarabucener werden auch von Frauen gewebt und erzählen von alltäglichen diesseitigen Abläufen, wie Ernte, Chicha Brauen, Aussaat, Pujllay (eine Mischung aus Erntedank und Karneval), Beerdigung und Schlachtfesten.
Halbfertige Arbeit noch auf dem Webrahmen.
Der gestalterische Aufbau ist eine, von mehreren vertikalen Bändern eingefasste, Hauptfläche, auf der z.B. ein typischer Jahresablauf dargestellt wird.
Aus dem weissen Baumwollgrund erscheinen die aus gefärbten Schafswollegarn (oder Kunstgarn)
gewebten Strukturen und Bilder. Durch feine Farbabstufungen erreichen die Weberinnen eine
räumliche Tiefe und Bewegtheit der Symbole und Ornamente.
Der Trauer angemessen gibt es farblich in dunklen Tönen gehaltene Aqsus.
In der Mitte links sieht man eine Mutter die ihren Kinderwagen schiebt und rechts davon
wird ein typischer Lehmofen mit Teig gefüttert. Wir haben bei bolivianischen Freunden
schon Brot und Pizza in einem solchen zubereitet.
Hier ganz unten erkennt man die Erntedankgabenleiter (Turm) des Pujllay.
Zwei Tänzer in typischer Tracht daneben stehend.
In den letzten hundert Jahren haben in beiden Regionen die Weber ihre Webarbeiten von schlichten Farben und Formengebungen (Rauten, Bänder in Schwarz, Rot und Erdfarben) immer weiterentwickelt.
Ende der siebziger Jahre verflachte die Handwerkskunst und das Wissen immer mehr, weil für Touristen schneller Schund gearbeitet wurde. Dem ASUR ist es zu verdanken, dass es eine Rückbesinnung auf das alte Handwerk gab und die Weber angespornt sind in höchster Präzision zu arbeiten und ihren Stil immer weiter kreativ neu zu erfinden.
Und hier nun die leibhaftigen Künstler. Die Weberin arbeitet seit zweieinhalb Wochen an diesem Stück.
Die Männer sind traditionell gesehen keine Weber, aber durch die hohen Einkunftsmöglichkeiten (bei ASUR) und weil sie eifersüchtig auf die Webkunst der Frauen wurden, erschlossen sie sich auch die Kunst der Weberei.
Sie erschaffen einen ganz anderen kreativen Ausdruck. Ihre Arbeiten sind farbenfroh. Sie vermischen Bäume, Menschen, Flüsse, Himmel und Erde zu einem "Erzählfluss".
Erstaunlich ist, dass das Museum 2000 Familien (fast 5000 Menschen) ihren monatlichen Lebensunterhalt sichert. Das Museum stützt die Infrastruktur des Handels und der Ausbildung und verkauft die Webarbeiten im Museumsshop.
Am allerliebsten würde ich jetzt einen 30-seitigen Vortrag halten, aber mir und Euch spare ich diesen
enthusiastischen Textschwall und empfehle dieses Museum allen die nach Sucre kommen, wenn schon nicht unseretwegen, lohnt sich der Besuch allein des Museums wegen. Also Flugtickets kaufen.
Die Webarbeiten sind etwa einen halben Meter hoch. An einem solchen Stück arbeitet eine Frau (dieses sind typisch weibliche Werke) etwas über zwei Monate. Jedes Stück ist ein Einzelstück, da beim Weben alte tradierte und neue Figuren improvisatorisch ineinander verwebt werden.
Die gesamte Fläche wird mit ornamentalen Figuren ausgefüllt.
Die ersten drei (rot-schwarz) Webarbeiten sind aus der Gegend 20 bis 100 Kilometer im nordwestlichem Umkreis Sucres entstanden. Sie werden ursprünglich und noch heute auf den von Frauen getragenen Aqsu (einen Überrock) genäht, existieren heute aber auch gerade wegen ihrer kunsthandwerklichen Schönheit aus diesem Zusammenhang genommen alleine als Wandbehang.
Den Inhalt bilden mystisch-mytische Tierwesen in einer zwielichtigen Unterwelt voller Dämonen und fast immer ohne Menschen und einen Bezug auf die reale Welt.
Es sind meist Zwitterwesen aus zwei oder mehr Arten, die, auch wie z.B. im dritten Bild unten rechts das Dromedarwesen, gleichzeitig schwanger sein können mit verschiedenen andersartigen Wesen. Sehr häufig ist der vier- bis fünfflügelige Condor.
Mehrere Beine, Arme, Augen, Münder sind keine Seltenheit.
Die Arbeiten aus Tarabuco heben sich klar von den Arbeiten aus der Jalq'a- Region (oben) ab.
Auch hier ist die ursprüngliche Nutzung auf dem Aqsu der Frauen, jedoch sind die thematischen Inhalte, so wie der graphische Aufbau sehr unterschiedlich.
Hier tragen tarabucenische Frauen ihren Aqsu.
Und dieses Stück habe ich letzten Sonntag gekauft.
Tarabuco liegt wie andere Dörfer mit der selben Tradition im Südosten von Sucre, etwa 20 bis 80 Kilometer entfernt.
Die Webbilder der Tarabucener werden auch von Frauen gewebt und erzählen von alltäglichen diesseitigen Abläufen, wie Ernte, Chicha Brauen, Aussaat, Pujllay (eine Mischung aus Erntedank und Karneval), Beerdigung und Schlachtfesten.
Halbfertige Arbeit noch auf dem Webrahmen.
Der gestalterische Aufbau ist eine, von mehreren vertikalen Bändern eingefasste, Hauptfläche, auf der z.B. ein typischer Jahresablauf dargestellt wird.
Aus dem weissen Baumwollgrund erscheinen die aus gefärbten Schafswollegarn (oder Kunstgarn)
gewebten Strukturen und Bilder. Durch feine Farbabstufungen erreichen die Weberinnen eine
räumliche Tiefe und Bewegtheit der Symbole und Ornamente.
Der Trauer angemessen gibt es farblich in dunklen Tönen gehaltene Aqsus.
In der Mitte links sieht man eine Mutter die ihren Kinderwagen schiebt und rechts davon
wird ein typischer Lehmofen mit Teig gefüttert. Wir haben bei bolivianischen Freunden
schon Brot und Pizza in einem solchen zubereitet.
Hier ganz unten erkennt man die Erntedankgabenleiter (Turm) des Pujllay.
Zwei Tänzer in typischer Tracht daneben stehend.
In den letzten hundert Jahren haben in beiden Regionen die Weber ihre Webarbeiten von schlichten Farben und Formengebungen (Rauten, Bänder in Schwarz, Rot und Erdfarben) immer weiterentwickelt.
Ende der siebziger Jahre verflachte die Handwerkskunst und das Wissen immer mehr, weil für Touristen schneller Schund gearbeitet wurde. Dem ASUR ist es zu verdanken, dass es eine Rückbesinnung auf das alte Handwerk gab und die Weber angespornt sind in höchster Präzision zu arbeiten und ihren Stil immer weiter kreativ neu zu erfinden.
Und hier nun die leibhaftigen Künstler. Die Weberin arbeitet seit zweieinhalb Wochen an diesem Stück.
Die Männer sind traditionell gesehen keine Weber, aber durch die hohen Einkunftsmöglichkeiten (bei ASUR) und weil sie eifersüchtig auf die Webkunst der Frauen wurden, erschlossen sie sich auch die Kunst der Weberei.
Sie erschaffen einen ganz anderen kreativen Ausdruck. Ihre Arbeiten sind farbenfroh. Sie vermischen Bäume, Menschen, Flüsse, Himmel und Erde zu einem "Erzählfluss".
Erstaunlich ist, dass das Museum 2000 Familien (fast 5000 Menschen) ihren monatlichen Lebensunterhalt sichert. Das Museum stützt die Infrastruktur des Handels und der Ausbildung und verkauft die Webarbeiten im Museumsshop.
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